"Wie schön ein 80. Geburtstag sein kann!
....meint der Reichesdorfer Kurator Johann Schaas


Johann Schaas, wie ihn seine Besucher kennen, erzählt gerne von Reichesdorf und schenkt als ausgezeichneter Gastgeber schon mal den von ihm selbst gekelterten Wein aus. Foto: Mihai Dragomir

Der bekannte und beliebte Kirchenkurator Johann Schaas aus Reichesdorf wurde dieser Tage 80 Jahre alt. Bekannt wurde „Schaasenhans“ zuerst innerhalb der evangelischen Kirche: Er wurde Kirchenkurator, als kein anderer mehr da war, das Boot zu lenken. Er übernahm diese Pflicht wie eine Lebensaufgabe, die Gott ihm auferlegt hatte. Seinem sächsischen Dickschädel ging es nicht ein, dass dieses Boot untergehen könnte.

Kirche und Pfarrhaus standen noch da, man musste sich nur drum kümmern. Er bewirkte, dass einmal monatlich in seiner Kirche Gottesdienst abgehalten wurde. Er vermietete schweren Herzens das leerstehende Pfarrhaus. Er begann, seine Kirche ausländischen Gästen zu öffnen. Und plötzlich wurde er bekannt und sogar berühmt. Schuld daran waren die „grünen Männchen“, diese eigenartigen steinernen Maskengebilde an den Kirchenpfeilern, die an keltische Gottheiten gemahnen. Die Reichesdorfer Kirche war zu einem Anziehungspunkt, zu einem Geheimtipp unter Kennern geworden. Die Kirchenoberen und die Kunsthistoriker mögen anfangs konsterniert gewesen sein, was sich da ein einfacher Bauernschädel getraute. Dafür kam aus dem Westen Schützenhilfe.
Der Kurator untersucht oft als Vertrauensperson Schweinefleisch von Schlachtungen in der Umgebung auf Trichinen. Foto: Friedrich Philippi

Durch die Öffnung der Grenzen kamen immer mehr Touristen nach Siebenbürgen und darunter mehrere, die den „green man“ nicht nur kannten, sondern auch Fachwissen darüber besaßen und mitbrachten (wie beispielsweise Pfarrer Zeller von Lauffen am Neckar). Und Hans Schaas sog alles Wissen in sich auf, und wie er es wiedergibt, das macht ihm so leicht keiner nach! Inzwischen hat er Freunde und Bekannte in aller Welt, manche kommen immer wieder vorbei, auch nur um ihn zu begrüßen und „ein Schnäpschen“ mit ihm zu kippen. Wer kann sich schon loben, die Botschafter Deutschlands und der USA als Gast begrüßen zu können, oder Wolfgang Huber von der EKD, Angehörige der Familien Bethlen und Cantacuzino, die von weit her anreisten... Seine Wiener Freunde, die in Birthälm das „Casa Dornröschen“ betreuen, haben einen Bildband von seiner Führung zusammengestellt und in Farbe veröffentlicht. Seine Bukarester Freunde von „Mioritics“ haben einen wunderschönen Film von ihm gedreht, im Jahrbuch der ADZ 2010 wurde seiner gedacht, und sogar seine ausgewanderten Landsleute ließen es sich nicht nehmen, einen Film über ihren berühmten Landsmann zu drehen. In der von Günther Cernetzky betreuten Filmreihe über das Weinland ist er der einzige überlebende Winzer der alten Garde im Weinland an der Großen Kokel.
Wer denkt, dass Johann Schaas seine Berühmtheit zu Kopf gestiegen ist, der sieht sich getäuscht. Er geht seinem Alltag nach wie eh und je; man sieht Hans und Hanni Schaas jeden Tag in Hof, Garten und auf dem Feld werkeln, als ob das Leben eben angefangen habe. Deshalb konnten sich die beiden auch nicht vorstellen, was an so einem wichtigen Geburtstag auf einen zukommen kann, wenn man viele Freunde hat.
Das Vorspiel begann schon zwei Tage vorher, als die Wiener Truppe anrief und im Vorhinein gratulierte. Am Montagmorgen kam der erste Gratulant seitens der Kirche, es war der Landeskirchenkurator Friedrich Philippi, der eigens aus Hermannstadt angereist war und den Tag mit einer Andacht einleitete. Kurz darauf war eine Touristengruppe für eine Führung angemeldet, die sich als „Gratulanten aus dem Tourismus“ entpuppte. Das waren Mihai und Voichi aus Bukarest, Peter und Eva aus Schäßburg, Christa und Cristian aus Hermannstadt und Stefan Vaida aus Alzen. Und last but not least der neue Bürgermeister von Birthälm, Mircea Dragomir, der persönlich erschien, um zu gratulieren. Es gab das berühmte Schaas-Bild (siehe Seite 1 in dieser Ausgabe) als Geschenk, aber auch auf der Bukarester Torte prangte das schöne Foto, es gab Blumen, Bücher und Wein. Auf die Führung wurde diesmal verzichtet...
Doch der Höhepunkt stand noch bevor. Die Dämmerung hatte eben eingesetzt, als vor den Fenstern plötzlich Blasmusik ertönte: Es gab ein richtiges Geburtstagsständchen, wie anno dazumal in Reichesdorf. Ortspfarrer Ulf Ziegler hatte es sich nicht nehmen lassen, seinen beliebten Kurator gebührend zu feiern. Andrea Rost aus Schäßburg hatte die Blaskapelle organisiert, die musikalische Überraschung war die Krönung des Tages. Und plötzlich wurde die kleine Küche zu eng für die vielen Gäste. Von gegenüber kam, von den Klängen angelockt, der deutsche Tischlermeister Christian mit Familie und brachte auch noch Gäste mit. Und Johann Schaas wurde nicht müde, sein Schnäpschen auszuschenken, während Frau Hanni die vollen Teller mit Krapfen und Kuchen auf den Tisch stellte; als ob sie etwas geahnt hätte... Und als zum Abschluss sogar Bischof Reinhart Guib persönlich anrief, sagte Johann Schaas mit verschmitzem Lächeln: „Wenn ich geahnt hätte, wie schön so ein 80. Geburtstag sein kann, wäre ich schneller 80 geworden!“


Christa RICHTER
Hermannstädter Zeitung Nr. 2321 / 22. Februar 2013

 











 

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